Zzzipp – ich ziehe den Reissverschluss meines Zelts geht auf und muss tief Luft holen. Denn was vor mir liegt, verschlägt mir einmal mehr die Sprache: vor mir entfaltet sich ein ganzes Bergpanorama im ersten lila-blauen Licht des Morgens… Das würdest du auch gern mal erleben? Immer wieder werde ich gefragt, wie ich denn solche schönen Zeltspots in der Schweiz finde. Schliesslich sind diese doch nirgendwo in Karten eingetragen. Und ich sage: Zum Glück, denn so kann man sie selbst entdecken! Wie das genau geht und warum ich die Listen meiner Lieblingsorte nicht online teile liest du hier.
Punkt 1 – 3 Tipps für die Inspirationsphase
Alles beginnt in der Regel mit einer Idee. Doch woher kommt die? Hier meine Top 3 Tipps, wie ich mir Inspiration zu Zeltorten hole:
1. Hiking check: Meist halte ich bereits bei normalen Wanderungen oder Zugfahrten Ausschau nach möglichen Zeltorten. Sieht die Kuppe da oben nicht ideal flach aus? Und wäre dieser Ort zwischen den Felsen nicht super windgeschützt für einen Campspot? Diese Orte notiere oder merke ich mir für eine spätere Recherche.
2. Social Media Inspo: Der Klassiker – man sieht einen Ort mit Ortsangabe auf Social Media. Leider sehen ihn oft auch tausend andere Personen… Tipp: Unter der Woche gehen wenn möglich, das erhöht die Wahrscheinlichkeit den Ort für sich zu haben. Hat die Person den Ort nicht verraten? Dann wird sie wohl Gründe dafür haben – mehr dazu unten.
3. Karten Inspo: Auch die guten alten Printkarten können als Inspiration herhalten, sind dort doch oft besondere Aussichtspunkte eingetragen, so dass man schonmal weiss dass die Sicht sicher gut ist 😉
Punkt 2 – Erster Grobcheck: Kann und darf ich da campen?
Habe ich nun einen Ort gefunden, der mich interessiert, geht’s an den ersten Grobcheck: Ich schaue auf der Karte die Geländelinien an. Je weiter auseinander, desto flacher ist das Gelände an der Stelle. Es sollte wirklich eben sein, sonst rutschst du in der Nacht unangenehm…

Passt? Gut, also weiter zum wichtigsten Punkt: Ich schaue ob ich dort zelten darf. Auf der SAC Seite ist zu lesen: «Grundsätzlich sind gemäss Zivilgesetzbuch Wald und Weide jedermann zugänglich.» Jedoch kann jeder Kanton und jede Gemeinde individuelle Regeln erlassen, weshalb das Thema nicht einheitlich geregelt ist. Drei Faustregeln sollte man sich auf jeden Fall merken:
1. Waldgrenze: Laut SAC ist „eine einzelne Übernachtung einer kleinen Anzahl Personen im Gebirge oberhalb der Waldgrenze meist unproblematisch – wenn sie rücksichtsvoll erfolgt.“
2. Naturschutz: Es ist niemals erlaubt in Naturschutz- oder Jagdbanngebieten sowie in Wildruhezonen während der Schutzzeit. Klingt kompliziert? Ist es nicht! Klick einfach auf den Button unten und du siehst alle Gebiete in der Schweiz auf einer Karte.
3. Keine Spuren: Hinterlass wirklich nichts. Keine Feuerstellen, kein Abfall, keine Exkremente (vergraben), kein Toilettenpapier, keine Essensreste.
Punkt 3 – Der Feincheck: Lohnt sich's?
Du bist bis hierhin gekommen und dein Spot erfüllt alle Anforderungen? Yay! Jetzt solltest du noch wissen ob es sich wirklich lohnt – und das findest du so raus:
1. Ich recherchiere mit Google Earth – hier kannst du in 3D Ansicht den Winkel verändern und so prüfen, ob eventuell Berge deine Sicht auf den See verdecken. Und auch, wo denn wohl Sonnenaufgang und -untergang zu sehen sein wird – und ob dir auch hier Berge die Sicht verdecken könnten.
2. Schliesslich schaue ich noch, ob ich z.B. bei Instagram Stories oder Posts mit dem Ortstag finde – so kann ich mir vielleicht schonmal ein Bild machen, ob der Ort wirklich flach genug zum Campen ist oder vielleicht noch Schnee liegt.

Punkt 4 – Los geht's!
Du hast alles abgeklärt und bist überzeugt, DEN Campspot gefunden zu haben? Gratuliere! Jetzt kannst du entweder einen Daytrip dorthin machen und ihn abchecken – oder grad all in gehen und losziehen. Machst du letzteres, hier noch ein paar wichtige Tipps:
1. Achte schon auf dem Weg zu deinem geplanten Zeltspot auf Ausweichmöglichkeiten, falls „dein“ Ort doch nicht geeignet ist, ein Unwetter aufzieht oder sonst etwas passiert. Das können z.B. Schutzhütten sein oder ein tiefer gelegenerer, windgeschützterer Ort. Hab immer einen Fallbackplan, zu dem du in nicht allzu langer Zeit zur Not auch nachts absteigen kannst, möglichst ohne Absturzgefahr im Dunklen.
2. Zelte nicht zu nah an fliessenden Gewässern, die anschwellen können, oder unter Felswänden, aus denen sich in der Nacht Steine lösen können. Lose Äste über dir sollten kein Problem sein, denn du weisst ja jetzt dass du nur über der Baumgrenze zelten darfst 😉
3. Überlege dir, ob der Ort sehr anfällig für Naturgewalten ist – sei es Blitzschlag oder „nur“ Wind. Wer schonmal bei 50km/h auf einem Berg versucht hat im Zelt zu schlafen, wird sich beim nächsten Mal sicher einen geschützteren Platz suchen…

Zeltspots auf Social Media
Du bist durch alle Punkte durch, hast einen Ort gefunden und einen unvergesslichen Zelttrip gehabt? Das freut mich! Du verstehst nun sicher wieviel Arbeit hinter der Recherche steckt und warum viele (ich eingeschlossen) die besten Orte nicht einfach so öffentlich teilen. Leider gibt es auch zuviele Menschen, die tolle Zeltorte mit einer privaten Kneipe verwechseln – und mit viel Partylärm die heimische Tierpopulation dauerhaft vertreiben. Das ist leider keine Fiktion, sondern am Augstmatthorn (übrigens einem Jagdbanngebiet, also Zelten verboten!) so geschehen. Mit deinem Entscheid, ob du Orte veröffentlichst oder nicht, entscheidest du also aktiv mit wie gesund solche schönen Orte bleiben. Happy camping!
Weitere hilfreiche Links
Hier meine persönliche Linksammlung:
- Wildcampen in anderen Ländern – eine Übersicht von Bergzeit: Link
- Eine Übersicht von TCS Campingplätzen: Link
- PDF vom SAC mit den wichtigsten Themen, die man zum Campen wissen sollte: Link
- Biwak Verbotsliste: Link
- Wandern im Bärengebiet: Verhaltenstipps. Link
- Übersichtskarte – wo darf man Drohne fliegen in der Schweiz: Link
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Schöner Blogbeitrag ? Ich übernachte ja auch gerne im Freien, resp. im Zelt. Lässt sich ideal mit der Naturfotografie verbinden ? Liebe Grüsse & weiterhin schöne Touren!
Mel